Die Nova Sedes Wohnungsbau eG aus 92660 Neustadt/WN buhlt um Anleger, die sich als Genossen beteiligen können. Das Angebot richtet sich besonders an jene Kunden, die zum einen Sparen wollen und zum anderen von den Vermögenswirksamen Leistungen profitieren möchten. Ein Verbraucher schilderte uns gegenüber seine Erfahrungen mit der Genossenschaft und zeigt dadurch die Risiken und Gefahren einer Mitgliedschaft auf.
Was bietet die Nova Sedes Wohnungsbau e.G. an?
„Schaffen Sie sich mit unserer Hilfe Ihr kleines Vermögen“, heißt es auf der Homepage der Nova Sedes Wohnungsbau eG aus Neustadt a.d. Waldnaab. Die Genossenschaft beschreibt sich selbst als moderne, innovative und bundesweit tätige Wohnungsbaugenossenschaft.
Ein ehemaliges Mitglied dieser Genossenschaft meldete sich bei uns, um seine Erfahrungen mitzuteilen. Er übersandte uns zusätzlich reichhaltig Unterlagen, wie unter anderem eine Mitgliedsurkunde für „Genossenschaftliches VL-Sparen“. Die Initialen „VL“ stehen für Vermögenswirksame Leistungen, Beteiligungssumme 8400 EUR; 40 EUR monatlich (gezeichnete Geschäftsanteile, Laufzeit 210 Monate) konnte durch Herrn S. monatlich angespart werden.
Kosten der Beteiligung
Laut der eigenen Satzung (abgerufen am 27.09.2021 unter nova-sedes.de/files/nova_sedes/content/Downloads/Satzung.pdf) unter Punkt V "Geschäftsanteile, Geschäftsguthaben und Haftsumme" §16 Punkt 6 erhebt die Nova Sedes ein Eintrittsgeld in Höhe 1.218 EUR von bei einer Beteiligungssumme von 8.400 EUR mit einer monatlichen Sparbeitrag 40 EUR, Laufzeit 210 Monate (17,5 Jahre). Dieses Eintrittsgeld wird laut der Satzung für die Deckung anfallender Vertriebskosten der Vermittler genutzt.
Das sind 14,5 Prozent von der Beteiligungssumme. Diese Eintrittskosten werden laut Satzung dem Mitglied in keinem Falle zurückerstattet. Doch das ist längst nicht alles: die Genossenschaft erhebt zusätzlich noch eine Administrationsgebühr in Höhe von 24 EUR jährlich, insgesamt schlägt ein Gesamtbetrag in Höhe von weiteren 420 EUR zu Buche. Wenn man die Gesamtsumme der Kosten errechnet sind das 1.638 EUR, mit dem das Mitgliedskonto des Anlegers belastet wird. Das entspricht 19,5 %. Doch wie kam es überhaupt zu dieser Mitgliedschaft bei der Nova Sedes?
Kredit-Anfrage soll zum VL-Vertrag geführt haben
Das Mitglied Herr S. teilte uns schriftlich seine Erfahrungen mit. Wir zitieren an dieser Stelle seine Email, Zitat: „Die Einzahlungen an die Nova Sedes Wohnungsbau e.G. begannen im September 2016 und endeten im April 2021 mit jeweils 40 EUR mtl., also insgesamt 2.120 EUR eingezahlt. Der Vertrag mit der Nova Sedes kam aufgrund einer Kreditanfrage über 6.000 EUR mit der EuroServ GmbH, Weinstr. 575, 67434 Neustadt zustande, indem ich als Sicherheit einen VWL-Vertrag abschließen musste. Dieser Kreditvertrag kam aber jedoch nicht zustande und es blieb beim Vertrag mit Nova Sedes, da ich zu spät widerrufen habe.“ Zitatende.
Die EuroServ GmbH ist laut eigener Aussage ein Finanzberater aus 67434 Neustadt an der Weinstraße und soll zuvor von Herrn S. eine Kreditanfrage erhalten haben. Herr S. äußert gar in einer vorliegenden Email den Verdacht, dass die nicht erfolgreiche Vermittlung eines Kredits nur „heiße Luft“ sein soll, um die Provisionen in Höhe von 199 EUR für die Vermittlung für einen VL-Vertrag zu kassieren.
Verbraucherdienst ist ein weiterer Vertriebspartner der Nova Sedes bekannt, der ebenfalls mit "Kredit ohne Schufa" Verbraucher mit Kreditzusagen anlockt. Wobei zumindest in den uns bekannten Fällen, keine Kredite zustande kamen. Stattdessen sollen durch massives Versenden zahlreicher E-Mails mit Kreditversprechen bzgl. Kreditanfragen, Verträge mit der Nova Sedes Wohnungsbau eG zustande gekommen sein. Hat eine seriöse Genossenschaft es nötig, solche Vertriebswege zu nutzen, um ihre Genossenschaftsanteile an Verbraucher, die eigentlich einen Kredit suchen und zudem selbst in finanzielle Not sind, zu vermitteln?
Nova Sedes Vermögenswirksame Leistungen kündigen: Widerruf zu spät?
Herr S. legte uns freundlicherweise die angesprochenen Unterlagen zum Widerruf und sogar zur späteren Kündigung vor. Ende Dezember 2016 versandte Herr S. eine Email mit dem Hinweis, dass er den Vertrag über vermögenswirksame Leistungen über 40 EUR monatlich widerruft. Da bisher die ursprünglich gewollte Kreditvermittlung zum Sendedatum nicht erfolgreich abgeschlossen wurde, möchte Herr S. natürlich ebenfalls den Vertrag mit der Nova Sedes auflösen.
Ein Mitarbeiter der Nova Sedes antwortete wenige Tage später und teilte Herrn S. schriftlich mit, dass der Widerruf nicht fristgerecht eintraf und somit nicht berücksichtigt werden kann. Obwohl nach vorliegenden Schreiben wurde Herr S. erst Januar 2017 als Mitglied durch die Nova Sedes begrüßt.
Herr S. kündigte in diesem Jahr via Mail, doch erhielt den Hinweis, dass eine Kündigung in Schriftform nötig sei. Eine E-Mail oder ein Fax würde demzufolge nicht ausreichen.
Hinweise für Anleger zu Genossenschaften
Allgemein lässt sich sagen, dass Genossenschaften als wirtschaftliche Vereine Geschäfte abschließen und somit das Vermögen ihrer Mitglieder investieren. Nicht selten wird mit staatlicher Förderung und Gewinnbeteiligungen für Anleger geworben. Was jedoch nicht unbedingt mitgeteilt wird: es ist durchaus möglich, alle eingezahlten Beträge zu verlieren oder sogar Nachzahlungen leisten zu müssen.
Genossenschaften unterliegen nicht der staatlichen Kontrolle durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und es gibt folglich keine Einlagensicherung. Somit ist es keine Unmöglichkeit, im Falle einer Insolvenz (und als Mitglied) alle eingezahlten Beträge zu verlieren oder sogar Nachzahlungen leisten zu müssen.
Wurden Anleger über die Gefahren informiert?
Anleger und Anteilseigner tragen im Gegensatz zur Wohnungsgenossenschaften ein Risiko, da die Genossenschaftsanteile nicht unter die Einlagensicherung fallen. Bei einer Insolvenz könnte die gesamte Einlage verloren sein. Doch damit nicht genug: In vielen Fällen gibt es Nachschusspflichten eintragen sodass im Falle einer Insolvenz sogar noch mehr eingezahlt werden muss. Laut §19 der Satzung ist eine Nachschusspflicht bei der Nova Sedes ausgeschlossen.
Es stellt sich von daher die Frage, ob eine ausreichende Aufklärung durch die Vertriebspartner gegenüber den Anleger erfolgte. Allein über die für uns sehr hohen Kosten, die durch eine derartige Beteiligung ausgelöst werden. Ob diese Aufklärung durch die Vertriebspartner sogar bewusst vermieden wurde, ist jedoch jeweils im Einzelfall zu prüfen. Uns ist aus vorliegenden Fällen bekannt, dass die Satzung durch die hier bekannten Vertriebspartner an die Kreditsuchenden nicht übermittelt wurde.
Urteil zu Vertragsklauseln
Auch aufgrund der Kosten gibt es mittlerweile rechtliche Entscheidungen. Landgericht Nürnberg-Fürth vom 05.03.2019, Az.: 7 O 6408/18.Das Oberlandesgericht Nürnberg 23.06.2020, Az.: 3 U 730/19. Die Richter sahen in der Allgemeinen Geschäftsbedingung der Nova Sedes Wohnungsbau eG einen Verstoß gegen § 134 BGB i.V.m. § 18 Genossenschaftsgesetz. Diese Allgemeine Geschäftsbedingung sah vor, dass die monatlichen Raten, die die Mitglieder an die Nova Sedes zahlen, zunächst auf das Agio/Eintrittsgeld verrechnet werden, wenn nicht der Pflichtgenossenschaftsanteil von der betreffenden Person bereits voll eingezahlt worden ist.
Rückabwicklungsansprüche prüfen
Betroffene Anleger könnten neben einem außerordentlichen Kündigungsrecht mögliche Rückabwicklungsansprüche zustehen.
Hilfe bei Nova Sedes Wohnungsbau eG
Gerne helfen wir bei Fragen und bieten weitere Informationen allgemeiner Art und zur Thematik dieses Artikels oder zu Kapitalanlagen allgemein. Haben Sie ebenfalls Erfahrungen mit der Nova Sedes Wohnungsbau e.G. oder der EuroServ GmbH gemacht? Wir freuen uns über eine Rückmeldung. Sie haben vielfältige Möglichkeiten, um mit uns in Kontakt zu treten.
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Für Nichtmitglieder ist es und nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz nur erlaubt Fragen allgemeiner Art zu beantworten. Eine Einzelfallberatung ist uns nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz nur für Mitglieder erlaubt und wird durch kooperierende Rechtsanwälte durchgeführt.
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